Alltagstücken einer Mama – Teil 1

Auf Instagram findet man sie inflationär häufig. Supermoms. Top gestylt, gut gelaunt und am besten noch mit selbst gebackenem Kuchen in der Hand. Ja, gut, das kann ich auch – vorausgesetzt ich hätte mindestens drei Nannys, eine Stylistin und ausreichend Schlaf. Spaß beiseite, nicht alles, was wir da mit Filter aus der besten Perspektive zu sehen bekommen ist das wahre Leben. Ich meine jetzt, das wirklich wahre Leben, in dem auch mal ein Tag so richtig bescheiden verläuft. Deshalb habe ich mir überlegt, Euch mal zu erzählen, wie es an so manchen Tagen hier von Statten geht. Ungeschönt. Manchmal muss ich nämlich selber schmunzeln, wenn der ein oder andere mich auf Social Media fragt: “Wie machst du das bloß alles?”, denn ja, das frage ich mich manchmal auch. Manchmal läuft es wie geschmiert und manchmal eben nicht. Die Outtakes des Lebens zeigt man ja meist nicht ganz so gerne, aber ich heute schon.

Am frühen Morgen:

Geweckt werde ich durch lautes Rufen. “Maaaaamaaaaaaa, Maaaaaaamaaaaaaa”, tönt es durch ein Babyfon. Wohlgemerkt stehen bei uns im Schlafzimmer mittlerweile drei an der Zahl. Ich muss mich erst einmal sortieren. Wie spät ist es? Puh, 5:46 Uhr. Das ist ganz schön früh, aber nützt ja nichts, die Nacht ist vorbei. Jetzt verfolge ich einen Plan. Schnell Moritz aus seinem Zimmer holen und dann möglichst leise und von den Mädchen unbemerkt mit ihm wieder nach oben verschwinden. Ich brauche dringend eine Dusche. Also los, schon husche ich in sein Zimmer, hebe ihn aus seinem Bettchen, will mir gerade eine Windel schnappen und flitze zur Treppe, an den Kinderzimmern der Mädchen vorbei, da höre ich aus Carlas Zimmer ein lautes “Maaaaaamaaaaa”. Ich blicke auf die Uhr. 5.49 Uhr – das ist definitiv nicht Carlas Zeit und ich ahne schon wie der Tag heute wohl verlaufen wird. Augen zu und durch. Ich gehe in ihr Zimmer, lasse das Licht aus, und steichel ihr liebevoll über den Kopf, während ich Moritz mit gut gefüllter Windel auf dem Arm halte. Hach, so verschlafen sieht sie aus wie ein kleiner Engel, denke ich noch…”Geh weg, geh weeeeeeeeg!”, brüllt mein kleiner süßer Motzkopf und das in einem so gar nicht lieblichem Engelston. Gut, dann gehe ich erst einmal mit Moritz hoch. Gesagt, getan. Ich lege ihn aufs Bett und verpasse ihm eine frische Windel. Die prall gefüllte Windel, die ich jetzt in den Händen halte, ist gefühlt 5 kg schwer, mindestens! Dann drücke ich ihm eine Fernbedienung zum Spielen in die Hand und eile ins Badezimmer. Ein Blick in den Spiegel bestätigt mir nur noch, eine Dusche ist dringend nötig. Und zwar sowas von. Meine drei Haare, die mir nach der letzten Schwangerschaft noch geblieben sind, stehen in alle Richtungen. Der Ansatz leicht fettig, die Spitzen trocken. Ein Träumchen. Die Wimperntusche vom Vortag hängt mir unter den Augen. Moritz wollte gestern einfach nicht in den Schlaf finden. Bis fast halb zehn haben mein Mann und ich alles versucht. Moritz zahnt und wir gehen sprichwörtlich auf dem Zahnfleisch. Als er am Vortag endlich eingeschlafen war, habe ich mir einen 500 ml Becher eines viel zu hochpreisigem Eis gegönnt. Danach habe ich es nur noch geschafft die Zähne zu putzen. Ich schweife ab…kurzum ich wollte duschen, da rief Carla erneut nach mir.

Auf meinen Vorschlag, dass sie einfach alleine hoch kommt, wie sie es eigentlich immer macht, schallte mir ein noch lauteres Brüllen entgegen. Na toll, das war es dann wohl mit der Dusche, denn kaum in ihrem Zimmer mit Moritz angekommen, fordert sie vehement ein, doch jetzt sofort angezogen zu werden. Das Drama in drei Akten. Täglich. Die schlimmste Zeit des Tages. Ich weiß, da kann ich nur verlieren. Promt steht eine schlecht gelaunte Lotta im Zimmer. “Hier sind alle so laut. Jetzt bin ich wach. Na toll, ich wollte noch schlafen.” Läuft bei mir. Jetzt mag sich der ein oder andere fragen, wo ist eigentlich ihr Mann?! Ja, der ist schon ins Büro “geflohen”, damit er zum Abendessen wieder Zuhause sein kann, denn da brauche ich definitiv Unterstützung – aber das erzähle ich Euch ein anderes Mal.

Jetzt heißt es nur die Nerven zu bewahren. Ich bitte Lotta höflich sich selbst anzuziehen, was in der Regel auch gut klappt. “Mama, ich komme nicht an die Hosen.” Schon eile ich in Lottas Zimmer und suche ihr eine Hose heraus, gehe danach in Carlas Zimmer und da trifft mich doch glatt der erste Schlag des Tages. Der halbe Inhalt ihres Schrankes liegt auf dem Boden. Mittendrin ein wütender Zwerg der schreit: “Was andereeeeees!”. Ok, bis zehn zählen, Verständnis zeigen, ruhig bleiben. Ich biete ihr Hilfe an, setzte mich zu ihr und gebe ihr zu verstehen, dass ich sie verstehe. Das tue ich in diesem Moment aber eigentlich nicht. Keine Chance. Carla brüllt, weint, tobt und ist außer sich. Dann höre ich ein Schreien aus Lottas Zimmer und sehe das nächste Unglück. Moritz hat sich eine Dose mit 2000 Bügelperlen geschnappt, hat sie geöffnet und komplett ausgeleert. Lotta weint. Ich weine gleich auch. Ein Blick auf die Uhr. Es ist 7.01 Uhr und ich könnte jetzt schon einen Schnaps gebrauchen. Den Gedanken verwerfe ich natürlich direkt, beruhige Lotta, schimpfe mit Moritz, der aber so gar nicht verstehen will was überhaupt los ist. Er lacht und ich sehe einfach nur puren Stolz in seinen Augen darüber, dass er alleine diesen Deckel ab bekommen hat und so viele bunte Perlen auf dem Boden liegen. Ich schnappe mir Lotta und Moritz und schließe erst einmal die Kinderzimmertür. Das schaffe ich jetzt nicht mal eben aufzuräumen. Mache ich später. “Mama, machst du bitte mein Bett?”, fordert eine zutiefst aufgelöste Lotta. Moritz gute Laune ist nun dahin, er wollte wohl weiter mit 2000 Bügelperlen spielen. Carla tobt noch immer in ihrem Zimmer und ich habe Sorge, dass gleich das komplette Neubaugebiet bei uns samt Jugendamt auf der Matte steht. Nach weiteren geschlagenen zehn Minuten ist dann auch Carla endlich angezogen und halbwegs mit ihrem Outfit zufrieden. Kleid und Leggings. Ok, geschafft, doch dieser kurze Glücksmoment ist hinüber als Lotta Carla sieht. “Mama, ich will auch das Kleid anziehen was Carla hat. Wieso muss ich immer eine Hose anziehen?! Blöde Mama.” Eigentlich hat Lotta sich das Outfit ausgesucht, aber ich lasse es unkommentiert und biete ihr an, dass sie sich bitte umziehen gehen soll. Ist ja alles überhaupt gar kein Problem. Nee, alles gut. Gaaaar kein Problem. Ich atme tief durch. Moritz wittert seine Chance auf ein Tête-à-Tête mit den Bügelperlen in Lottas Zimmer, also schnappe ich ihn mir kurzerhand und gehe mit ihm in sein Zimmer, denn bis auf eine frische Windel und einen Body hat er nichts an. Sagen wir mal so, Moritz ist not amused. Jetzt ist er außer sich. Ein paar Minuten später, 7.26 Uhr um genau zu sein, sind alle drei Kinder angezogen. Ich stehe immer noch da im durchlöchertem Schlafanzug von vor zehn Jahren, Wimperntusche on fleek, fettigem Haupthaar und träume kurz von einer warmen Dusche als Lotta bemerkt: “Mama, du musst mir noch die Haare machen” und Carla hinzufügt “…und Frühstück”. Alles klar, ich verstehe schon, das wird jetzt nichts mit duschen. Ich flitze schnell nach oben, ziehe mir die Jeans von gestern an, schnappe mir ein Shirt und gehe dann mit den Kids runter ins Wohnzimmer, mache das Licht an und begebe mich in die Küche, um den Kaffeevollautomaten in Schwung zu bringen…

Fortsetzung folgt.

Alltagstücken einer Mama

Eure Sarah

Sarah
Sarah

Ich bin 1985 in Paderborn geboren, verheiratet und Dreifachmama von Lotta (4 Jahre alt), Carla (2 Jahre alt) und Moritz ( 1 Jahr alt)
Ich liebe das Schreiben und den Austausch empfinde ich als Bereicherung!

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25 Kommentare

  1. Einfach herrlich 🙂 danke für diesen tollen Einblick und das auch bei euch nicht alles rund läuft 😉 sowa tut der Mama Seele gut. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung:-)

    • Liebe Alexandra, vielen Dank für Dein Feedback. Das wahre Leben schreibt nunmal die schönsten Geschichten und deshalb höre und lese ich selbst unglaublich gerne diese ehrlichen Alltagsanekdoten, in denen man sich hier und da wieder erkennt. Liebe Grüße

  2. Vielen Dank! Erstens tut es gut zu lesen, dass das Chaos nicht nur unsere Adresse kennt und zweitens schreibst du toll und deine (eure) Inhalte sind wirklich super!

    • Ich bin ja der festen Überzeugung, dass es hinter den meisten verschlossenen Türen genau so oder so ähnlich abläuft. Nicht täglich, aber immer öfter. Ich freue mich auch immer von anderen solch amüsante Alltagsgeschichten zu hören. Wir sitzen letztlich doch alle irgendwie im gleichen Boot. Liebe Grüße

  3. Danke Sarah! Es tut gut, so etwas zu lesen 🙂
    Du bist eine tolle Mama. Ich weiß manchmal auch nicht, ob ich in dem Chaos, zwischen Wutausbrüchen und tollen Momenten lachen oder weinen soll…aber so ist wohl das Leben mit Kindern.
    Gerne mehr davon 🙂

    • Liebe Vera,
      danke Dir für das Feedback. Ja, das Mamasein hat so seine Hochs und auch Tiefs :). Es ist schön zu wissen, dass es auch bei anderen mal nicht ganz so rund läuft. Ich teile gerne solche Anekdoten mit Euch da draußen und freue mich über einen ehrlichen Austausch. Viele Grüße

  4. Danke für diese erfrischende Ehrlichkeit. Es tut inmitten des ganzen Instagram Perfektionsmus gut zu wissen, dass man nicht alleine ist mit diesen Chaos Tagen, an denen gefühlt alles schief läuft und immer einer weint

    • Liebe Anja,
      ich finde es gerade auf Social Media wichtig, dass man neben den perfekten Bildern und schönen Stories auch das reale Leben nicht vergisst und auch mal zeigt, dass an manchen Tagen so ziemlich alles schief gehen kann. An solchen Tagen frustriert mich dieser Instagram-Perfektionismus und man fühlt sich häufig eher schlechter als vorher, weil man oftmals eben nur die gefilterte Welt zu sehen bekommt. Lieben Dank für Dein Feedback!

  5. Genial!!! Eine Geschichte aus dem Leben, die sich so durchaus auch bei uns hätte abspielen können. Mein Mann ist ab nächste Woche für zwei (!!!!) Wochen in den USA. Ich weiß noch nicht, wie ich das mit vier Kindern überleben soll. Wahrscheinlich bin ich nur noch ein Zombie, wenn er dann zurück kommt. Aber da darf ich jetzt noch gar nicht dran denken. Ein Tag nach dem anderen, ne??

  6. Ganz toll geschrieben! Bitte mehr davon. Ich musste beim Lesen so schmunzeln, weil ich das Gefühl hatte du beschreibst einen von unseren Morgen. Aber meist folgt ja noch solch einem Tornado-Morgen, ein etwas ruhiger Morgen. Neuer Tag, neues Glück ;). Liebe Grüße.

    • Liebe Steffi, danke dir! Hier läuft es glücklicherweise nicht immer so turbulent ab, aber hin und wieder tobt das ganz normale Leben mit all seinen Facetten . Viele Grüße

  7. So ein toller Text und echt zum Lachen. So läuft es wahrscheinlich in allen Familienimmer mal wieder…und trotzdem bewundere ich, wie du dabei so die Nerven bewahrst. Irgendwann wirst du auf Die Zeit zurückblicken und dich fragen,wie du das geschafft hast. Du kannst echt stolz auf dich sein!

  8. Vielen Dank für diesen wundervoll herrlichen Bericht aus eurem Leben. Tut irgendwie gut zu wissen dass es anderswo auch nicht immer perfekt läuft. Du machst das prima.

  9. Hallo Sarah, so schön und ehrlich geschrieben, ein wahrer Genuss heute früh zu lesen und zu lachen – und zu wissen dass es bei anderen ganz genauso abläuft.
    Ich freue mich schon auf Teil 2 …
    Ganz viele Grüße Nadine

    • Hallo Nadine,
      schön, dass ich dir mit meiner Alltagsanekdote ein Lachen beschert habe. Mittlerweile kann ich auch über diesen turbulenten Morgen lachen. Liebe Grüße

  10. Liebe Sarah,
    Danke für diesen Einblick, es tut so gut zu erfahren, dass man nicht allein ist mit dem Wahnsinn ich hab zwar nur zwei Kinder, aber die schaffen mich auch schon… der Große trödelt extrem und bis ich ihn endlich angezogen und fertig habe, hat sich die Kleine schon wieder ausgezogen oder irgendeinen anderen Blödsinn angestellt…
    Morgens Zirkus, abends Theater
    LG
    Anika

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